Leistungsgesellschaft

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Wer nicht genügend Leistung bringt, geht unter. Ist es also verwunderlich, dass wir auch bei Tieren nur auf Leistung aus sind, wenn wir schon unsere Mitmenschen – für welche die meisten normalerweise Empathie empfinden – so behandeln?
Wie ich darauf komme? Ganz einfach. Ich habe momentan, beziehungsweise schon seit einigen Wochen, extreme Probleme mit meinen Händen. In der Hochphase konnte ich nicht einmal mehr einen Stift halten, komplett schmerzfrei war ich seit Wochen nicht. Wenn ich mich nun in das Leben einer Milchkuh versetze, denke ich mir dabei, dass diese Tiere solche Schmerzen jeden Tag erleiden.

Sie haben Probleme mit den Gelenken, durch die auf Leistung gezüchteten unnatürlich riesigen Euter. Sie haben Tag für Tag Schmerzen in den Klauen, durch den Spaltenboden auf dem sie stehen. Sie haben Schmerzen durch entzündliche Veränderungen ihres Euters aufgrund von Überbelastung. Seit ich meine Hände nicht mehr ohne Schmerzen benutzen kann, wird mir noch klarer, welche Qualen diese Tiere durchleiden. Sogar in den Ruhephasen spüre ich den Schmerz. Als ich den Höhepunkt meiner Schmerzskala erreicht hatte, konnte ich nichts mehr machen, nicht einmal mehr klar denken. Woher das kommt, ist noch nicht ganz sicher. Wahrscheinlich durch Überlastung sowie psychische Anspannung und Stress.

Nun überlegt euch mal, was einen Kuh täglich durchmachten muss, jeden Tag auf engstem Raum mit Hunderten von Artgenossinnen, jeglicher Möglichkeit beraubt, ihr natürliches Sozialleben auszuleben oder sich zumindest aus dem Weg gehen zu können. Ständig müssen sie das Gewicht ihres überprallen Euters mit sich umherschleppen und laufen durch ihre eigenen Exkremente. Sie bekommen Hochleistungsfutter, welches für ihr Magensystem nicht wirklich ausgelegt ist. Kein Rind in freier Wildbahn würde Soja oder Mais als Hauptnahrungsmittel fressen.

Durch die Probleme mit meinen Händen bin ich nicht mehr leistungsfähig. Ich kann nicht mehr zeichnen, schreiben, ich kann eigentlich gar nichts mehr ohne Schmerzen tun. Ich bin nicht mehr rentabel. Dazu bin ich depressiv verstimmt, weil ich nicht das machen kann, was ich gerne tue und weil ich Angst habe, es gar nicht mehr ohne Schmerzen ausführen zu können.

Eine Milchkuh trägt 9 Monate lang ihr Kalb aus, genau wie eine Frau. Dann, wenn das Kälbchen endlich da ist, wird es ihr nach kürzester Zeit für immer weggenommen. Sie und auch ihr Kalb durchleiden unvorstellbare psychische und seelische Schmerzen durch diese Trennung. Wenn die Milchkuh dann unrentabel wird, endet ihr kurzes qualvolles Leben auf einer der Schlachtbänke, auf denen im Sekundentakt Tiere getötet werden. Ihr Fleisch wird dann unter Leistungsdruck von Menschen verarbeitet, welche durch diese Arbeit selbst oft krank werden. Sind sie dann unrentabel, werden sie durch neue, billige Arbeiter ersetzt.
Kein Lebewesen, weder Du, noch ich, noch eine Kuh möchte leiden, geschweige denn sterben.